Digitalisierung und Selbstorganisation
Digitalisierung meistern, neue Arbeitsweisen ausprobieren und dieses New Work für sich entdecken: Ein Bau- und Immobilien-Unternehmen, das diesen Wandel erfolgreich gemeistert hat, ist die Gundlach GmbH. Das familiengeführte mittelständische Unternehmen fasst aktuell ca. 260 Mitarbeitende und hat seinen Sitz in Hannover. In der neuen Fit for digital Podcastfolge spricht New Work Coach Christopher Batke über die Meilensteine dieser Kulturtransformation in den letzten Jahren und gibt Einblicke in seine Arbeit als New Work Coach, in der er bei der internen Teamentwicklung und Veränderungsbegleitung unterstützt. Im Rahmen seiner Arbeit im Gundwerk begleitet und berät er nun auch externe Unternehmen in diesen Bereichen.
Neubeginn durch Generationswechsel
Die Transformation der Gundlach GmbH begann vor ca. 15 Jahren mit einem Generationenwechsel in der Geschäftsführung. Das neue Führungstandem unter Lorenz Hansen und Frank Eretge erkannte die Notwendigkeit, die Unternehmenskultur zu verändern, um den Anforderungen der digitalen Welt gerecht zu werden. Die erste Etappe der Transformationsgeschichte ist die Veränderung von Führung gewesen. Das war ein sehr intensiver iterativer Führungskräfteentwicklungsprozess, der im Kern eigentlich erstmal Wertearbeit war und gemeinsam mit den Führungskräften erarbeitet wurde. Zu diesem Zeitpunkt sprach noch keiner von New Work oder gar von Agilität. Aber es war ein ganz wichtiger Ausgangspunkt. Daraus entstand dann das Wertefundament, auf dem sich dann die Transformation von Gundlach in weiteren Etappen entwickelt hat. Die drei zentralen Werte, die heraus gearbeitet wurden sind
- Vertrauen,
- Verantwortung und
- Zusammenarbeit
Im Laufe der Jahre wurden Stück für Stück auch physische Räume geschaffen, die neue Formen der Zusammenarbeit ermöglichen sollten. So entstanden beispielsweise offene Büroflächen und kreative Rückzugsorte für die Mitarbeiter.
Innovationsraum „Freiwilligen-Team“
Neben dem klassischen Organigram hat sich über die Jahre eine sehr informelle, dezentrale Struktur gebildet, die z.B. die Umsetzung von Projekten und auch die Generierung von neuen Ideen und Innovationen ermöglicht. Es entstanden selbst organisierte Arbeitsgruppen, die nach Interessensgemeinschaften und ohne offiziellen Auftrag zusammen kommen um Herausforerungen gemeinsam anzugehen. Inzwischen gibt es bei Gundlach ein Digi-Team, ein Öko-Team, sowie eine Arbeitsgruppe New Work.
Das interdisziplinäre Digi-Team entwickelt beispielswiese Lösungen für die Herausforderungen der neuen Corona bedingten Home-Office Kultur. Es verfügt über ein eigenes Jahresbudget für Forschung und Entwicklung und ist somit in der Lage, innovative Ideen voranzutreiben. Alle informellen Arbeitsgruppen und Teams bei Gundlach haben den Freiraum zum Experimentieren (auch wenn die Idee mal scheitert) und nutzen z.B. in Reviews auch die Möglichkeit um sich von den anderen KollegInnen Feedback einzuholen. Werden spezielle Bedürfnisse oder Herausforderungen größer und entstehen beispielswiese konkrete Lösungen oder Produkte dazu, dann kann dies in die Gründung neue Abteilungen münden.
Aus dieser Möglichkeit heraus entstand auch das Gundwerk, als alte Büroflächen im Erdgeschoss frei wurden. Mitarbeitende kamen zusammen und entwickelten iterativ die Idee des „Coworking und Cocreation Spaces“. Inzwischen hat sich so ein „StartUp“ im Unternehmen gebildet. Neben der Möglichkeit die kreativen Räumlichkeiten zum Arbeiten für Teams oder als Freelancer zu nutzen, veranstaltet das Gundwerk regelmäßig Netzwerkveranstaltungen z.B. zum Thema New Work.
Wir haben auch so einen kulturellen Leitsatz, der heißt: Du willst, du darfst. Also das heißt nicht, jeder kann machen, was er will und jeder macht nur das, wo er Bock drauf hat, aber wenn du eine Idee hast und du hast das Gefühl, das ist relevant für das Unternehmen, dann mach es halt und setz es um!
Mitarbeiterbeteiligung auf verschiedenen Ebenen
Nach einigen Jahre bereichsübergreifender Zusammenarbeit innerhalb des Unternehmens hat Gundlach partizipative Strategieprozesse entwickelt. Das heißt, Strategiearbeit läuft nicht mehr nur top down, sondern die Mitarbeitenden sind sehr stark involviert.
In Form eines partizipative Stretegieprozesses sind alle vier Unternehmensbereiche – Bauen, eigener Wohnungsbestand sowie Projektentwicklung und -verkauf und Immobilienverwaltung– eine Strategie zu entwickeln. Hierfür gibt es gewisse Eckpfeiler, die den Rahmen bilden. Am Ende diese Prozesses muss jeder Bereich eine halbe Stunde allen Unternehmensbereichen als offenen, freiwilligen Termin die Quintessenz der Strategie-Aktualisierung vorstellen. Agile Coaches begleiten diesen Prozess, aber wie genau die Unternehmensbereiche da hinkommen, dafür gibt es wieder Freiraum, wo jeder das für sich passende Format dann finden kann. Die Geschäftsführung ist in alle Prozesse insofern involviert, dass sie zwischendurch und noch im Entstehungsprozess reinschauen und Feedback geben kann um die Unternehmensvision noch mal stärker ins Gedächtnis zu bringen..
Als eine der größten Herausforderungen bei aller Partizipation und Beteiligungsermöglichung erlebt Chris es aktuell die individuellen Freiräume mit bestimmten Standards abzugleichen und zu bewerten. Es betont im Interview wie wichtig es ist den Mitarbeitern genügend Raum für Kreativität und Selbstorganisation zu geben, gleichzeitig aber auch klare Richtlinien und Ziele vorzugeben um u.a. einer Überforderung vorzubeugen.
Tipps vom New Work Coach
Die Geschichte der Gundlach GmbH zeigt, dass die digitale Transformation kein einfacher Prozess ist, der von heute auf morgen abgeschlossen werden kann. Christopher Batke gibt anderen UnternehmenslenkerInnen und TransformationsbegleiterInnen folgende Tipps mit auf den Weg um den Wandel erfolgreich zu gestalten:
- Beginne da mit der Veränderung im Kleinen z.B. auf Teamebene, wo aktuell die größe Herausforderung ist, anstatt dich an Methodiken (wie Agilität) festzuhalten.
- Die Investitionen in Beziehungen ist dabei das wichtigste Fundament.
- Habe genug Mut um oberflächlichen New Work „Bullshit“ zu vermeiden.
- Wähl dir das Fluglevel aus, das für dich gerade noch verdaulich ist. Wenn du zu viel dir vornimmst, kann das auch ein Eigentor sein!
- Hol dir ab und an Inspiration im Außen bzw. von Externen, wo du mal andere Möglichkeitsräume bekommst.
Danke für dieses inspirierende Gespräch! Ich bin gespannt wie sich die Gundlach GmbH und auch das Gundwerk weiter entwickelt. Und freue mich bei einem nächsten Besuch in Hannover mal wieder vorbei zu schauen.
Weitere Infos und Links:
- Webseite des Co-Working-Spaces Gundwerk: https://www.gundwerk.de/
- Erster Teil des Interviews von Christopher mit Miriam im New Work Monthly erscheint am 24.07.23
- weitere Insights zum Kulturwandel bei Gundlach im Interview von Sebastian Purps-Pardigol mit Lorenz Hansen: https://kulturwandel.org/gespraech/gundlach/
