Organisationsentwicklung braucht Freiwilligkeit

In dieser neuen Podcastfolge hatte ich Organisationsentwicklerin Maike Küper vorm Mikrofon. Maike hat in den vergangenen Jahren zunächst in einer größeren Beratung gearbeitet rund um New Work und Innovationsprojekte. Bis Anfang diesen Jahres begleitete sie als interne Organisationsentwicklerin die agile Transformation beim Mittelständler Dr. Oetker.
Sie erzählt in diesem Interview von ihren Aufgaben in der Angestelltenzeit und gibt Einblicke und Tipps mit aus ihrer aktuellen Arbeit als selbstständige Organisationsentwicklerin, bei der sie es liebt mit der Brille der Externen unvoreingenommen auf Prozesse und Kommunikationskulturen in Teams zu schauen.

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Das größte Learning aus der Changebegleitung der vergangenen Jahre ist für Maike Küper die Bedeutung von Freiwilligkeit in der Arbeit. Es ist angenehmer und einfacher, mit Teams zu arbeiten, die selbst motiviert sind und sich aktiv in den Veränderungsprozess einbringen. Sie schätzt an ihrem vergangenen Job, dass es keine „Feinde“ gab und auch niemanden überzeugt werden oder gegen Widerstände angekämpft werden musste, was ihren Job sehr viel angenehmer machte.

Das ist der Unterschied zum klassischen „Changemanagement“, wie es viele Jahre z.B. von großen Beratungsagenturen mit einem mehrjährigen „Rolloutplan“ betrieben wurde. Oder aber Change, der komplett als „Graswurzelbewegung“ in Organisationen startet. Maike betont im Interview, dass beides per se nicht falsch sei, aber mehr Nach- als Vorteile mit sich bringt. In der Rolle als Organisationsentwicklerin ist es definitiv besser freiwilligkeitsbasiert zu arbeiten.

Agile HR

Gleichzeitig ist es zielführend auch in der OE agile Prinzipien wie „inspect & adapt“ zu verwenden. Das bedeutet stark nutzer- und bedarfsorieniert vorzugehen und in Feedbackschleifen mit den Beteiligten immer wieder Anpassungen vozunehmen. Hier hat der agile Organisationsentwickler oder die agile Organisationsentwicklerin eine ähnliche Rolle wie der Scrum Master bei der Begleitung von Teams.

Maike betont im weitren Interview dass der Erfolg ihrer Arbeit auch darin bestand den Change „zu skalieren“. D.h. mehr Wirksamkeit in der organisationalen Transformation wird erreicht, indem interne VeränderungsbegleiterInnen ausgebildet werden, die dann wiederum in ihren Abteilungen Teamentwicklung begleiten und Prozesse und Workshops moderieren können.

Maikes liebstes Tool bei der Begleitung von Teams ist das „spannungsbasierte Arbeiten“. Es kommt aus dem englischsprachigen Bereich und heißt dort „tension driven meeting“ und enthält Ansätze aus Soziokratie und Holokratie. Es ist ein relativ durchstrukturierter Prozess, wo jeder gehört wird und dadruch wahnsinnig effektiv. Maike betont im Interview, es dauert ein bisschen, bis man es drin hat, weil es eben sehr ungewohnt ist und ganz anders als man normalerweise arbeitet. Aber dann ist es wahnsinnig wertschätzend und sehr effektiv um einfach Dinge aus der Welt zu räumen.

Eine Spannung ist etwas zwischen dem, was ist und dem, was sein könnte. Das bedeutet zu Beginn eines Meetings werden alle unsere Spannungen gesammelt. Und das kann alles sein von: ich möchte was sagen, ich möchte etwas von irgendjemandem wissen, ich möchte etwas kritisieren, ich habe ein Störgefühl, bis zu: ich finde, wir müssen da mal ein Projekt zu machen.

Also wirklich alles, was potenziell in dieser Welt sein könnte. Und dann werden diese Spannungen durchbearbeitet und man sagt, diese Spannung würde sich für mich lösen, wenn du mir dazu jetzt ein Update geben könntest. Oder wenn wir zu dem mal gehen und sagen: Wollen wir da ein Projekt starten?

Das können ganz, ganz kleine Dinge sein. Aber es ist natürlich extrem demokratisch auf eine Weise und ich finde dieses arbeiten fühlt sich immer sehr erwachsen an. Denn es sind ja teilweise auch Konfliktthemen, die du dann da reingibst.

Herausforderungen von HR und OE

Durch den aktuellen Wandel gibt es große interne Herausforderungen in der Personalentwicklung und im HR-Bereich. Maike betont, dass HR-Business-Partner oft überlastet sind, da sie sowohl operative Aufgaben  wie Recruiting und Arbeitsverträge als auch interne Transformationsprojekte bewältigen müssen, weil HR „eben immer irgendwie dabei sein muss“. Sie empfiehlt, zunächst zu reflektieren und zu überlegen, welche Aufgaben wirklich notwendig sind und welche eventuell an externe BegleiterInnen, wie z.B. Freelancer ausgelagert oder intern delegiert werden können.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Prozessmanagement und die Facilitation Skills in der HR-Arbeit. Es ist entscheidend, auf Team-Ebene effektive Arbeitsweisen zu entwickeln und Entscheidungen gemeinsam als selbstorganisiertes Team zu treffen. Maike betont, dass die Zusammenarbeit im Team und ein offener Austausch von Ideen und Feedback eine wichtige Rolle spielen um sich als HR-Bereich zukunftsfähig aufzustellen.

Die Veränderung hin zu agiler Zusammenarbeit verändert gleichzeitig auch die Mitarbeiterentwicklung. Auch hier muss sich HR neu auftstellen. Selbstorganisierte Teams haben auch einen anderen Anspruch an Weiterentwicklung, an Persönlichkeitsentwicklung und Skill-Erweiterung. Mitarbeiterentwicklung muss sich also weg von jährlichen Gesprächen mit der Führungskraft hin zu regelmäßigen Reflexionen und Feedback von Teammitgliedern entwickeln.

Zuletzt betont Maike Küper die Bedeutung der Organisationsentwicklung auf strategischer Ebene. Es ist wichtig, gemeinsam mit der strategischen Abteilung zu arbeiten und eine klare Vision für die Zukunft des Unternehmens zu entwickeln. Die digitale Transformation erfordert eine strategische Ausrichtung und ein ganzheitliches Verständnis für die Veränderungen, die damit einhergehen.

Wie der Einstieg in OE gelingt

Aus ihren Erfahrungen heraus gibt Maike Küper BerufseinsteigerInnen im Bereich Human Relations und Organisationsentwicklung folgende Tipps und Empfehlungen mit auf den Weg:

  • Such dir eine Weiterbildung mit eine breiten Ausrichtung. Also nicht eine einzige Denkschule, wie z.B. nicht nur die systemische Coachingausbildung. Gut ist sind kombiniere inhalte aus Scrum und Kanban, viel zu Selbstorganisation, ganz, ganz viel Facilitation, und natürlich auch Wissen zu Teamentwicklung.
  • Schau, dass du sehr, sehr viel Einblick in unterschiedliche Organisationen kriegst. Sprich viel mit Leuten, geh zu Meetups, vernetze dich und schau, dass du Unternehmen deiner Region kennenlernst. Suche dir vielleicht auch einen Mentor, wenn sich der Zufall ergibt. Das ist auch immer sehr hilfreich als junger Mensch, wenn man doch noch ein bisschen unsicher ist und was von erfahreneren Menschen lernen kann.

Fang da an, wo der Schmerz ist! Guck, was gerade sowieso alle nervt oder alle an ihrer Arbeit hindert. Zeig dass das, was du sagst, Wirkung hat und du vielleicht auch schon eine Lösungsidee ist.

Und wenn du einmal ein bisschen bewiesen hast, dass du die Probleme verstehst oder eben gute Ideen hast für Dinge, die momentan nicht gut laufen, dann wird es wesentlich einfacher auch andere Themen aufzumachen.

Wie man Veränderung anfängt

Zuletzt hat Maike noch zwei Tipps für alle Veränderer in Organisationen, die sich gerade erst  auf den Weg machen als interner OrganisationsentwicklerIn (ob mit oder ohne direkten Auftrag) zu wirken:

  • Fange da an, wo der Schmerz ist. In dem Bereich, der gerade sowieso alle nervt oder alle an ihrer Arbeit hindert. Überzeuge mit schneller Wirkung und  vielleicht auch schon einer ersten Lösungsidee.
  • Wenn du einmal bewiesen hast, dass du Verbesserungen oder gar Lösungen herbei führen kannst, dann wird es wesentlich einfacher, auch andere Themen aufzumachen.
  • Verzweifle nicht, auch wenn dieser Job-OE immer mal wieder sehr frustrierend sein kann. Klar, man ist irgendwie immer der First Mover. Das kann einfach anstrengend sein und gehört zum Job dazu. Aber es ist wichtig zu sagen, wenn du OE machst und das Unternehmen will das aber auf die Dauer nicht und du wirst immer nur ausgebremst, auch wenn du deiner Meinung nach die richtigen Sachen ansprichst, dann geh woanders hin. Man sollte sich nicht abstrampeln, ein Unternehmen zu verändern, was sich nicht verändern möchte. Gehe also da hin, wo der Bedarf ist, wo du wirksam sein kannst. Geh dahin, wo Energie ist!

Weitere Infos und Links:

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