Agile Transformation der STAR

In dieser Podcastfolge erzählt Inka Philipp von ihrer Rolle und ihren Erfahrungen als Agile Coach und Transformationsbegleiterin bei der STAR COOPERATION GmbH. Das 1997 gegründete Unternehmen begleitet heute Kunden in zahlreichen Projekten aus den Bereichen Consulting, Medien, Engineering, IT, Logistik und Elektronik.

Im Jahre 2020 startete die STAR ein internes Transformationsprojekt bei dem verschiedene Pilotprojekte durchgeführt wurden, um neue Arbeitsweisen zu erkunden und ein neues unternehmensweites Führungsmodell zu finden. Dabei durften in Pilotteams verschiedene agile Methoden und Frameworks wie

  • Scrum,
  • SAFe,
  • kollegiale Führung und
  • Holakratie

ausprobiert werden. Inka Philipp war Teil eines dieser Pilotteams und hat die Transformation als Führungskraft in ihrem Team begleitet. In dieser Podcastfolge teilt sie ihre Erlebnisse und Erkenntnisse dieser spannenden Reise.

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Inkas Weg

Inka arbeitete bis Ende Mai 2023 bei der STAR als Agile Coach. Auch sie selbst hat eine persönliche Entwicklungsreise hinter sich. Angefangen hat sie als Projektmanagerin und in dieser Rolle hat sie sich bereits tiefer mit dem Thema Agilität und New Work beschäftigt. Durch ein Projekt kam sie mit dem Framework Scrum in Berührung und lernte die Methodik praktisch anzuwenden als sie in die Rolle des Product Owners wechselte.

Später bekam sie die Möglichkeit, eine Führungsposition in einem großen Team von knapp 20 Mitarbeitenden zu übernehmen, was sie dazu gebracht hat, ihr eigenes Führungsverständnis zu entwickeln. Von sich aus probierte Inka hier agile Führungsprinzipien aus, indem sie z.B. Entscheidungen hin ins Team verlagerte, damit die Personen, die über das fachliche Wissen verfügten, selbst entscheiden konnten.

Zeitgleich begann die STAR als Organisation selbst ein Transformationsprojekt wofür Pilotteams gesucht wurden. Inka bewarb sich mit Ihrem Team und war somit von Anfang an dabei. Als später interne Coaches gesucht wurden, die die Erkenntisse aus den Pilotprojekten in andere Teams tragen, war Inka auch dabei und untersützte fortan als interner Agile Coach.

Heute arbeitet Inka als Beraterin für agile Transformation bei den HR Pioneers. Freiberuflich möchte sie gerne Menschen in Veränderungssituationen einen Raum geben und bei der Umsetzung einer erfüllenden, sinngebenen Arbeit unterstützen. Ganz im Sinne des ursprünglichen New Work Gedankens.

Eine Sache, die mich antreibt, ist, dass ich möchte, dass eigentlich jeder Mensch eine Arbeit finden kann, die ihn oder sie stärkt, die Energie gibt und da eben meinen Teil dazu beizutragen… auch im ganzen Sinne des New Work Gedanken, den ja Frithjoff Bergmann auch geprägt hat.

Neue Zusammenarbeit erkunden

Die STAR startete ihre interne Transformation mit verschiedenen Pilotteams. Diese sollten sich mit verschiedenen neuen Formen der Arbeit beschäftigen und verschiedene Methodiken über einen bestimmten Zeitraum ausprobieren. Im Zentrum standen dabei u.a. diese Fragen:

  1. Funktioniert diese Zusammenarbeitsmethode bei uns?
  2. Wie können wir verschiedene Dinge ausprobieren und langfristig einführen?
  3. Was können wir für Learnings daraus ziehen, die dann eben für das gesamte Unternehmen gelten?

Ziel dieser Erprobungsphase war es langfristig ein neues Führungssystem zu finden für das Unternehmen. Alle TeilnehmerInnen der Pilotphase starteten mit einem mehrtägigen Workshop. Dort wurden verschiedene Methoden und Frameworks, wie Scrum, SAFe, kollegiale Führung oder Holakratie vorgestellt und angewendet. Danach musste jedes Pilotteam für sich entscheiden, was es die folgenden Monate ausprobieren möchte.

Da Inka das Thema Kommunikation sehr wichtig war, nahm ihr Team noch eine Fortbildung zu gewaltfreier Kommunikation mit dazu. Auch OKR wurde später wichtig als neues Kennzahlensystem. Inka und ihr Team sind so mit dem Thema Holakratie und gewaltfreier Kommunikation gestartet.

Tatsächlich haben wir uns entschieden Holakratie auszuprobieren, weil es ein Regelwerk gibt, das existiert, auf dem man aufbauen kann. Bei anderen Frameworks ist ja eher ein Rahmen vorgegeben und den muss man erst mal mit eigenen Regeln füllen. Und die Holakratie hat – und das ist vielleicht auch gleichzeitig auch ein Nachteil, weil es sehr bürokratisch teilweise empfunden wird – eine sogenannte Verfassung, in der eben schon die Regeln der Zusammenarbeit niedergeschrieben sind. Wir haben das damals für uns als große Sicherheit  empfunden, zu sagen, okay, da ist ein Regelwerk und das können wir jetzt einfach nehmen.

Was macht Holakratie aus?

Inka erklärt im Interview, dass Holakratie eine Rollen- und Kreisbasierte Organisationsform ist. Der Name basiert auf den griechischen Begriffen “Holon” und “Kratie”. Der Wortteil “kratie” bedeutet Herrschaft oder Macht. Der Begriff Holon bedeutet “Teil eines Ganzen”. Hier spielt eine systemische Perspektive mit rein. Einzelne Teams oder Einheiten sind immer auch Teil des großen Ganzen. Holakratie wird deshalb oft auch als “Zellstruktur-Organisation” bezeichnet.

Ein wesentlicher Punkt von Holakratie als Organisationsform die Trennung zwischen dem Arbeiten in der Organisation und dem Arbeiten an der Organisation, die auch ganz strikt in den Meetingformen getrennt ist.

Holakratie setzt zur Unterstützung der Selbstorganisation auf ein umfangreiches Regelwerk mit den folgenden elementaren Konzepten:

  • Rollen und Circles geben einen strukturellen Rahmen. Rollen werden von Mitarbeitenden ausgefüllt. Jeder Mitarbeitende kann mehrere Rollen haben. Circles sind analog zu Teams. Diese werden immer dann gegründet, wenn die Verantwortung den Rahmen einer einzelnen Rolle sprengt. Rollen und Circles sind dynamisch und werden auf Basis von Feedback ständig weiterentwickelt oder neu formiert.
  • Operative und Governance Prozesse und Meetings regeln verbindlich die Abläufe einer holakratischen Organisation, z.B. welche Meetings abgehalten und welche Entscheidungen dort getroffen werden.
  • Kennzeichnend für die Meetings ist das Arbeiten mit so genannten Spannungen. Das heißt, es werden Themen besprochen, die nicht optimal sind. Spannung als Wort im deutschen Sprachraum ist leider bisher negativ besetzt. Aber eine Spannung kann auch etwas anderes sein, z.B. Ich habe eine Information, aber die fehlt meinem Kreis, meine. Teammitgliedern, damit sie optimal arbeiten können. Eine Lösung der Spannung wäre diese Information einfach zu teilen.
  • Die Holacracy Verfassung dokumentiert die Regeln der Holokratie verbindlich und für alle transparent.

Inka erzählt im Interview, dass sie die Holakratie als Zusammenarbeitform besonders schätzen gelernt hat, weil das Regelwerk ermöglicht, allen Personen im Team gleichgestellt Themen oder eine Spannung einzubringen. Was vor allem einen Vorteil haben kann in Teams, wo  ein sehr großes Ungleichgewicht herrscht zwischen sehr lauten und meinungsstarken Personen und Personen, die stiller sind und sich vielleicht gar nicht trauen sich zu äußern.

Holakratie = Rollenbasierte Organisation in Kreisen

Rollen statt Stellen

Das Arbeiten an der Organisation findet immer dann statt, wenn Teams oder Kreise sich in ihrer Zusammenarbeitssttruktur verändern und eine neue Rolle formieren, weil es z.B. nicht ganz klar ist, wer diese neue Aufgabe übernimmt. Dann hat dieser Kreis/ dieses Team die Möglichkeit, selbst an der Entwicklung dieser neuen Rolle mit Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten zu arbeiten und diese dann direkt in diesen Kreis hineinzuentwickeln.

Rollen sind viel feingranularer als Stellen. Also eine Stelle hat ja so die ganzen Tätigkeiten, die dahinter sind. In der Rolle schauen wir, wie kann man diese Zuständigkeiten in einer Rolle zusammenfassen. Und da soll jetzt nicht so eine Litanei an irgendwie 20 Zuständigkeiten für eine Rolle stehen, sondern wirklich auch pointierter reinzugehen und zu sagen, okay: Eine Rolle hat vielleicht 5-7 Zuständigkeiten und auch einen Zweck, den diese Rolle erfüllt, warum wir die brauchen, damit wir eben unser Ziel in diesem Kreis erreichen können.

Kreise statt Abteilungen/ Teams

Wenn ein Verantwortungsbereich zu groß für eine einzelne Rolle ist, dann werden diese Aufgaben in einen Kreis übertragen. Alle Rolleninhaber, die in diesen Verantwortungsbereich fallen, sind damit auch Teil des Kreises. Eine einzelne Rolle ist ein Ganzes und gleichzeitig Teil eines Kreises, der ebenfalls wiederum ein Ganzes und gleichzeitig ein Teil der gesamten Organisation ist. Wie auch jede Rolle hat jeder Kreis einen Zweck und eine Reihe von Zuständigkeiten. 

Für die Verbindung eines Kreises mit anderen Kreisen und Teilen der Organisation hat die Holakratie ein eigenes Konzept entwickelt. Zunächst einmal wird jeder Kreis von einem Lead Link geführt. Der Lead Link wird von einem darüber liegenden Kreis bestimmt und ist z.B. für Prioritäten, Budgets oder auch die Besetzung von Rollen innerhalb des Kreises verantwortlich. Der Rep Link wird anders als der Lead Link nicht bestimmt, sondern von Mitgliedern des Circles gewählt. Gemeinsam repräsentieren die beiden Links ihren Kreis in einem darüber liegenden Kreis und vertreten die Interessen ihres Kreis z.B. gegenüber der Geschäftsleitung.

Damit schafft die Holakratie eine doppelte Verbindung in andere Kreise. So zirkulieren Informationen besser und es wird vermieden, dass einzelne Führungskräfte zum Bottleneck in ihrer Organisation werden. Darüber hinaus können Kreise sich auch auf horizontaler Ebene über Cross Links miteinander vernetzen.

Besprechungen eines Kreieses finden in wöchentlichen, so genannten "Tacticals" statt.

Tipps für VeränderungsbegleiterInnen

Inka gibt anderen Agile Coaches, Transformationsbegleiterinnen folgende Tipps mit auf den Weg:

  • Kommunikation ist das Wichtigste. Den Menschen in den Teams zuzuhören und gemeinsam zu schauen: Wie können wir damit umgehen?
  • Aber auch einfach zu schauen, wo kommen Ängste her? Wo kommen Widerstände her? Was steckt genau dahinter? Wie können wir vielleicht auch verschiedene Sozialisierungserfahrungen, die jeder so mitbringt, als Chance nutzen?
  • Die interne Kommunikation über die Verändeurng an sich nicht vernachlässigen, sondern stets hoch halten. Nach dem Motto: Gelesen ist nicht verstanden. Also auch dort immer wieder zu hinterfragen: „Ist die Kommunikation, die wir machen, die Art und Weise oder die Inhalte passend?“ Ist es auch wirklich angekommen oder brauchen wir mehr? Brauchen wir andere Formate oder noch weitere Formate?
  • Die eigenen Themen, aus denen man kommt und Expertise mit einfließen zu lassen. Und auch so ein Stück weit zu gucken, wo sind die Stärken. Gerade wenn man ein Team aus verschiedenen Agile Coaches hat, die Diversität als Chance zu nutzen. Hier sollte man schauen, wer hat welche Stärken bei uns im Team und das dann untereinander zu leben und sich dann danach aufzuteilen. Denn wir sind einfach da am besten, wo wir unsere Stärken haben und können das auch nutzen, um die Menschen bestmöglich abzuholen.

Weitere Infos und Links:

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