Die Notwendigkeit der Veränderung

Die Frank Stahl GmbH ist ein mittelständisches Rohr- und Stahlhandelsunternehmen in Österreich mit ca. 300 Mitarbeitenden in Österreich und 700 Mitarbeitenden in Europa. Zum Unternehmen gehört auch ein Fuhrpark mit 40 eigenen Kran-LKWs.

Roman Divoky ist hier seit fast 25 Jahren Mitarbeiter und gingen den klassischen Karriereweg. Im Jahr 2015 wurde er zum Head of Logistic befördert und spürte in seiner neuen Rolle schnell, dass „es im Getriebe knirschte“. Das Arbeitsklima war bei den LagermitarbeiterInnen wie den ChauffeurInnen schlecht. Informationen über neue logistische Abläufe wurden in Management-Meetings besprochen, aber gingen auf dem Weg zu den Mitarbeitenden verloren. Roman merkte, dass etwas nicht stimmte, obwohl seine Mitarbeitenden auf persönliche Nachfrage immer behaupteten es sei alles gut. Er spürte, dass das nicht er Wahrheit entsprach und fing an sich und seine Wirkung als Führungskraft in Frage zu stellen. Eine Inspirations- und Lesereise zu agilen Unternehmen und New Work beeinflussten Organisationen begann. Roman hatte dabei den festen Wunsch, es alleine zu versuchen und damit zu zeigen, dass man nicht zwingend einen offiziellen Auftrag haben oder einem vorgeschlagenen Beratungsansatz folgen muss. Er bekam die Erlaubnis von seinem Vorgesetzten sich selbst mit seinem Team auf den Weg zu machen und iterativ verschiedene Dinge auszuprobieren.

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Kommunikation auf dem Prüfstand

Roman bemerkte verschiedene Dinge, die Unzufriedenheit auslösten:

  • der bürokratische Aufwand der Arbeit stieg in den letzten Jahren stark an
  • viel Zeit ging für ihn als Führungskraft in Besprechungen und für Dokumentationen verloren
  • die Wirksamkeit allerdings in Relation zu den vielen vielen Meetings war sehr gering
  • die Kommunikation über Entscheidungen und Prozesse war sehr personengebunden und linear

Dies alles wirkte sich auf die Produktivität, den Einsatz und die Stimmung der Mitarbeitenden aus. Das Arbeitsklima litt darunter. Die anlassbezogene und personenzentrierte Kommunikation, führte zu Informationsverlust und Missverständnissen. In Folge dessen gaben viele Kollegen resigniert auf sich zu beteiligen: „Mir hört keiner zu“ oder „Ich werde nicht verstanden mit meinem Anliegen.“

Früher war es so, dass der Kommissionierer seinem Vorarbeiter etwas gemeldet hat. Der Vorarbeiter hat es dann seinem Schichtleiter gemeldet und der Schichtleiter hat dem Betriebsleiter gemeldet. Der Betriebsleiter hat es dann bei einer Besprechung dem Logistikleiter vorgebracht.

Agile Rituale und Prinzipien

Das erste was Roman also veränderte, war die Kommunikation anders zu gestalten und neue Räume und Formate dafür einzuführen.Ein tägliches StandUp am Morgen lässt alle Lagermitarbeitende und Büroangestellte im Team zusammen kommen und transparent wichtige Dinge und Probleme teilen. Als zentrales Dokumentations-Werkzeug werden heute digitale Kanban-Boards verwendet.

Roman sagt im Interview im Gegensatz zur Situation vor 3-4 Jahren haben jetzt alle Mitarbeitenden eine Stimme und können ihr Anliegen offen vorbringen und transparent verfolgen, wie es weiter bearbeitet wird.

Gleichzeitig hat das Team eine digitale Chatgruppen-App zur schnelleren, einfachen Kommunikation eingeführt Dort werden wichtige Informationen geteilt und gleichzeitig können so Probleme schnell mitgeteilt und an die Verantwortlichen weitergeleitet werden (z.B. im Reklamationsfall). Insbesondere für die Schichtübergabe hat sich die Chat-Gruppe als wahnsinnig hilfreich erwiesen.

neues Büro/ Besprechungszimmer für die StandUps (c) Roman Divoky

Arbeit in Rollen statt Arbeitsplätzen denken

Ein weiterer Punkt, der sich gewandelt hat, ist die Verantwortung für Aufgaben. War diese früher personenzentriert und auf den Arbeitsplatz bezogen, so ist heute viel transparenter, welche neuen Aufgaben bzw. Rollen besetzt werden können. Mit Hilfe von neu entwickelten „Bausteinen“ ist eine flexiblere Arbeitsplanung und Koordination des Personals möglich. Die Informationen über Qualifikation und Weiterbildungen stehen nicht mehr nur der Personalabteilung, sondern allen Teammitgliedern zur Verfügung. Das heißt, wenn neue Arbeit sich verändert oder neue Arbeit entsteht, dann kriegen es die Mitarbeitenden sofort mit und der oder die Kollegin, die daran Interesse hat und/oder entsprechende Qualifikation, kann sich beim StandUp selbst einbringen und wird teilweise vom Team unterstützt. Diese neue Transparenz starkt das Wir-Gefühl im Team und führt zu einem stärkeren Verständnis füreinander.

Wie aus der Flamme ein Feuer wurde

Was in einem kleinen Team von fünf Menschen in der Logistik begann erwieß sich als Erfolgsmodell und inspirierte andere. So arbeitet die nun die gesamte Logistik mit über 100 Mitarbeitenden seit 2019 im neuen „Betriebsmodell“ mit Mitarbeiterbeteiligung, agilen Ritualen und Prinzipien und z.T. flexiblen Arbeitszeitmodellen. Was Roman bei allem half, war die authentische Vermittlung, dass es ein unklarer Weg mit unbekannten Ausgang ist. Er prägte die Vision der gemeinsamen Reise auf einem Schiff zur Insel New Work. Und es wäre nicht klar, wann sie ankommen oder ob sie die Insel überhaupt erreichen würden. Und gleichzeitig stellte er seine Mitarbeitenden frei welche Rolle sie auf diesem Schiff übernehmen wollen.

Nun könnte man sagen, sie haben die Insel gefunden und das Ziel New Work erreicht, aber die Reise ist noch nicht zu Ende. Seit Anfang 2022 darf Roman Divoky in seiner neue Rolle als agiler Organisationsentwickler das gesamte Unternehmen Frank Stahl bei der Transformation begleiten und seiner Erkenntnisse aus der Logistik auch in andere Unternehmensbereiche weiter tragen.

Persönliche Erkenntnisse und Tipps

Am Ende des Interviews fasst Roman Divoky seine Erkenntnisse aus 3 Jahren Transformation in der Logistik zusammen. Er gibt anderen mittelständischen Führungskräften und Geschäftsführern folgende Tipps für den Weg mit:

  1. Bei Tranformationsprozessen top down sollte zuerst der/die GeschäftsführerIn oder EigentümerIn selbst von den Veränderungsprozessen überzeugt sein und die Führungskräfte als erste mitnehmen und involvieren. Dazu gehört die eigenen Gedankengänge mitzuteilen und Möglichkeiten und Änderungen gemeinsam zu diskutieren.
  2. Der nächste empfehlenswerte Schritt wäre eine Projektgruppe zu gründen, die im Unternehmen regelmäßig berichtet, wie sie sich was verändert hat und was sich positiv entwickelt hat.
  3. Eine begleitende anonyme Evaluation stützt den ganzen Prozess und verleiht ihm Transparenz. Gleichzeitig bekommen die Mitarbeitenden eine Stimme und die Möglichkeit Einfluss zu nehmen. Auch wenn sich viele Führungskräfte das nicht trauen. Gleichzeitig sollte man sich auch Gedanken machen: Was ist, wenn wir keine Zustimmung bekommen? Ab welcher Quote wird das Projekt gestoppt?

Was wir seit dem ersten Tag gemacht haben sind anonyme Stimmungsumfragen um festzustellen, dass wir überhaupt am richtigen Weg sind. Ich habe den Mitarbeitern gesagt, wenn wir unter 50% an positiver Stimmung verlieren sollten, dann wird die Transformation gestoppt, dann werden wir sie nicht mehr weiter ausrollen.

Weitere Infos und Links:

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