Forschungen zu agilem Arbeiten

Was braucht es für gute agile Projektarbeit? Und wie kann agiles Arbeiten so gestaltet werden, dass die Belastungen für die Mitarbeitenden gering sind?
Das waren die zentralen Fragen des Forschungsprojekts „Gute Agile Projektarbeit in der digitalisierten Welt“ (diGAP), das die beiden Wissenschaftler Amelie Tihlarik und Manuel Nicklich der FAU Erlangen-Nürnberg gemeinsam mit anderen WissenschaftlerInnen begleitet haben.
In dieser Podcastfolge geben beiden Interviewgäste einen verständlichen Einblick in die einzelnen Studien-Ergebnisse und stellen daraus entstandene Maßnahmen und Tools vor, die agile Unternehmen in der Praxis unterstützen können.

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Das Versprechen von Agilität

Das Agile Manifest mit dem agiles Projektmanagement in der Arbeitswelt Einzug hielt feiert im Jahre 2021 bereits 20-jähriges Bestehen. Da ist es an der Zeit einen Blick zurückzuwerfen auf die Anfänge und die Vorteile, die man sich von agilem Vorgehen statt klassischer Planung erhoffte. Agiles Projektmanagement verprach echte Selbstorganisation, ein schnelleres Reagieren auf Änderungen und dadurch eine Prozessbeschleunigung und eine bessere Kundenintegration. Agiles Projektmanagement gab und gibt also ein dreifaches Versprechen:

  • das Leistungsversprechen, dass alles schneller, innovativer und besser wird
  • das Emanzipationsversprechen, dass die Arbeit autonomer, selbstbestimmter und bedarfsorientierter wird
  • das Entlastungsversprechen, dass Komplexität besser berherrschbar wird und Raum gibt zur Konzentration aufs Wesentliche

Die Motivation für das Projekt „Gute Agile Projektarbeit in der digitalisierten Welt“ (diGAP) und bereits voran gegangenen Projekten bestand also daraus dieses Versprechen von agiler Arbeit zu untersuchen, mit dem Fokus auf Belastungen. Die Fragestellung lautete wörtlich:

Welche Gestaltung von Agilität aber führt systematisch zu guter agiler Projektarbeit?

Hierbei stand „gut“ nicht für eine Perfektion an Agilität, sondern für eine „gute Arbeit“, die selbstorganisiert größtmögliche Selbstwirksamkeit erzeugt und möglichst geringe Belastungen mit sich bringt (DGB-Index gute Arbeit).

Zentrale Ergebnisse von diGAP

Im Interview stellen Amelie und Manuel die wichtigsten Ergebnisse des Projekts diGAP vor, aus denen heraus die WissenschaftlerInnen sieben Kriterien für gute agile Arbeit entwickelt haben:

Definition „gute agile Arbeit“

Gute agile Arbeit beschreibt dabei einen dynamischen Arbeitskontext, in dem innerhalb eines (agilen) Ökosystems die iterative Erzeugung eines Mehrwerts über die Selbstorganisation des Teams und unter Integration des Kunden erfolgt, wobei:

  • das Team bei Planung und Einsatz ohne Einmischung von außen über die für die Arbeit notwendigen, vereinbarten (zeitlichen und personellen) Ressourcen verfügen kann,
  • eine Balance zwischen den verfügbaren Ressourcen und Arbeitsanforderungen eine Extensivierung und Intensivierung der Arbeit verhindert
  • methodische Kompetenzen praxis- und zeitnah vermittelt werden und Prozesse so gestaltet sind, dass verschiedene Formen der Qualifizierung möglich sind (z.B. schulisch-formale, erfahrungsbasierte)
  • die Entwicklung einer fachlichen, kultursensiblen und sozialen Teamkultur als ständige Aufgabe wahrgenommen wird,
  • Kunden innerhalb methodisch begründeter Grenzen integriert werden,
  • das Management Verantwortung abgibt und jeweilige Rollen mit genügend Macht  ausgestattet sind, sodass sich eine entsprechende organisationale Einbettung und damit Schutz des Teams ergibt,
  • Governance-Strukturen und die Führungskultur so aufgestellt sind, dass die vorherig genannten Kriterien auf Dauer gesichert, gefördert und unterstützt werden

… sodass eine geringe Belastung der Beschäftigten und ihr hoher Gestaltungsspielraum nachhaltig gesichert sind.

diGAP Abschlusskonferenz 2021: Vorstellung der Studienergebnisse

Handreichungen für die Praxis

Durch die Forschung direkt in der Praxis und vor Ort bei den verschiedenen Verbundpartnern aus der Wirtschaft konnte das Team der WissenschaftlerInnen nicht nur Herausforderungen und Dysfunktionen in der Zusammenarbeit der Teams identifizieren, sondern auch direkte Handlungsempfehlungen ableiten. So sind im Zuge des Projekts einige Maßnahmen, Tools und Checks entstanden, die agile Teams bei der Zusammenarbeit unterstützen. Allen voran ein Selbstcheck, der die Ebenen Team, Führung und Organisation beleuchtet, ein Tool-Check, der Empfehlungen für digitale Tools gibt sowie Maßnahmen zur Teamentwicklung und Kundenintegration.

Empfehlungen für Beginner

Spannendste Erkenntnis aus dem Projekt war für Manuel und Amelie die Tatsache, dass den Projektteams nicht immer klar war, wie sie persönlich „Team“ und Zugehörigkeit definieren. Die Frage „Was bzw. wer gehört zu unserem Team?“ lieferte deshalb ganz unterschiedliche Antworten, auf die ein gemeinsamer Aushandlungsprozess folgte.

Auf Grund Ihrer Erfahrungen in den teilnehmenden Praxispartners geben Amelie und Manuel GeschäftsführerInnen und Führungskräften folgende Tipps und Empfehlungen mit auf den Weg:

  • ein gemeinsames Verständnis von Agilität gemeinsam mit allen Beteiligten entwickeln. Es meint eben nicht „planlos“, so wie es bisher manchmal innerhalb der Bevölkerung verstanden wurde.
  • Agilität bitte nicht als Allheilmittel verstehen. Agiles Vorgehen wird nicht plötzlich alle Probleme lösen, die schon da sind. Agilität kann manchmal eher ein Symptom als eine Lösung für vorhandene Probleme sein.
  • Kommunikation und Partizipation sind essentiell bei der Einführung von agilem Arbeiten. Es muss Raum für regelmäßigen Austausch geschaffen und Zeit zum Zuhören genommen werden.
  • Agilität sollte an die individuellen Bedürfnisse der Beschäftigten angepasst werden. Eine passende Adaption von agilem Arbeiten für den eigenen Kontext trägt zum Gelingen bei.
  • Die agile Werte (Fokus, Offenheit, Respekt, Mut und Selbstverpflichtung) immer wieder in den Blick nehmen, besprechen und gemeinsam im Team leben.

Etwas, dass vom Management oft vergessen wird: Am Ende sind die Beschäftigten die ExpertInnen ihrer Arbeit. Die wissen was sie jeden Tag machen, die wissen wie es funktioniert, sie kennen jeden Stolperstein und wissen ein Prozess manchmal hakt. Das muss man schätzen und auch mit einfließen lassen.

Weitere Infos und Links:

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